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Die Bergson Architektur

Kategorien

Im Werden

Autor

Hans Fuchs

Schönheit im Münchner Westen

Das alte Aubinger Heizwerk, aus dem jetzt das Bergson Kunstkraftwerk hervorgeht, ist ein erstaunliches Gebäude. Obschon es als reiner Industriebau errichtet wurde, ist seine Architektur im süddeutschen Raum einmalig. „Diese Strukturen entstammen einer Zeit, wo Moderne und Historismus ganz nah beieinander liegen“, erläutert Markus Stenger, der mit seinem Team des Architekturbüros Stenger2 das Gebäude aus seinem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erweckt.

„Anfang der 1940er Jahre gab es Pläne, den Hauptbahnhof niederzureißen und in Form eines riesigen Kugelgewölbes nach Laim zu verlegen. Dort sollte ein Gigabahnhof entstehen. Dieses Heizwerk, das heutige Bergson, sollte einen der vielen Ausweichbahnhöfe während der Umbauphase versorgen. Es musste schnell gehen, also wurden bereits fertige Konzepte aus der Schublade gezogen. Möglicherweise sahen die ursprünglichen Pläne vor, dieses Gebäude anderswo zu bauen, etwa in Berlin oder im norddeutschen Raum.“

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Erstklassige Bausubstanz & einzigartiges Design

Ein Glücksfall, dass zur Bauzeit kein Mangel an hochwertigem Material herrschte. So wurde das Heizwerk mit einer erstklassigen Bausubstanz ausgestattet, die sogar als „Lost Place“ noch mehr als 30 Jahre überdauerte. Man verwendete den besten Stahlbeton, verkleidete ihn mit einer repräsentativen Ziegelfassade und umgab die Fenster und das Kranzgesims am Dach mit Nagelfluh.

Ein solches Design hat es weder zuvor noch danach in München je gegeben. Auch der Innenraum ist spektakulär. Der Zweck des Gebäudes war es, gewaltige Heizkessel zu beherbergen, und so entstand eine Halle mit rund 25 Metern Höhe, in der die langen, schmalen Bandfenster ein einzigartiges Spiel aus Licht und Schatten erzeugen.

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Als die Brüder Amberger das Kraftwerk entdecken, ist außer der prachtvollen Fassade und den Fundamenten nicht mehr viel übrig. Dennoch ist es Liebe auf den ersten Blick, „für den man den Kopf in den Nacken legen muss, um die Decke zu sehen“, sagt Michael Amberger. „Ich bin dem Charme dieser Immobilie sofort erlegen. Es ist ein Gefühl wie in einer Kathedrale, man spürt unglaublich viel Kraft und Flair.“ Michael und Christian Amberger erwarben das Gebäude, das seit dem Jahr 2007 unter Denkmalschutz steht. Sie entwickelten ein Konzept, das dem alten Heizwerk ein neues Leben als Ort für Kunst und Kultur schenkt.

Was bisher geschah

Auf dem 20.000 Quadratmeter großen Grundstück wurde ein mächtiges Biotop angelegt – im Laufe der Jahrzehnte haben sich hier zahlreiche geschützte Tier- und Pflanzenarten angesiedelt, die sich auch weiterhin wohlfühlen sollen. Zur Modellierung kam unter anderem eine satellitengestützte Planierraupe zum Einsatz. Außerdem wurde ein Habitat für die extrem seltene Mopsfledermaus eingerichtet, die im Winter den Keller des Heizwerks bewohnt.

 

Ein neues Dach und mehr

Die drei mächtigen Hochöfen wurden demontiert und fachgerecht entsorgt. In Handarbeit wird das marode Dach abgetragen, gleichzeitig die historische Fassade an drei Seiten des Gebäudes gereinigt und restauriert. Es sind heikle Arbeiten, da der besondere Nagelfluh um die Fenster nicht mehr zu bekommen ist. Das Kunstkraftwerk bekommt dann ein neues Kassettendach, die hohen Fenster eine neue Verglasung. Fortsetzung folgt.

 

Alle Fotos © Kerstin Scheller-Kieburg